Wie die Stiftung Weltethos mitteilt, ist ihr Gründer und langjähriger Präsident Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hans Küng heute im Alter von 93 Jahren verstorben. Eberhard Stilz, Präsident der Stiftung Weltethos, nannte Küng "einen visionären Vordenker für eine gerechtere und friedlichere Welt“.
Im Nachruf der Stiftung Weltethos heißt es über den Theologen:
„Kein Weltfrieden ohne Religionsfrieden. Kein Religionsfrieden ohne Religionsdialog. Kein Überleben ohne Weltethos.“ Mit diesen Sätzen umriss Hans Küng die Programmatik seines „Projekt Weltethos“, das vor über drei Jahrzehnten seinen Anfang nahm und mit dem er in Forschung, Lehre und Publizistik den globalen Dialog über einen Grundkonsens von Werten und Haltungen vorantrieb. Ihr erstes international wirkmächtiges Ergebnis findet Küngs Engagement am 4. September 1993 in der„Erklärung zum Weltethos“ des Parlaments der Weltreligionen in Chicago. Mit ihrer Unterzeichnung verständigen sich erstmals Repräsentanten und Repräsentantinnen aller Weltreligionen auf Kernelemente eines gemeinsamen Menschheitsethos.Mit dem Ziel, diese Werte den Menschen neu bewusst zu machen und Wege zu ihrer Umsetzung in unterschiedlichsten Bereichen der Gesellschaft aufzuzeigen, gründete Hans Küng gemeinsam mit Karl Konrad Graf von der Groeben 1995 die Tübinger Stiftung Weltethos für interkulturelle Forschung, Bildung und Begegnung; kurz darauf gründete Küng auch eine Stiftung Weltethos in Zürich. Zur Fundierung und Konkretisierung eines globalen Wirtschaftsethos errichtete die Stiftung Weltethos 2012 das Weltethos-Institut als An-Institut der Universität Tübingen, finanziert von der Karl Schlecht Stiftung.Anlässlich seines 85. Geburtstags am 19. März 2013 übergab Hans Küng die Präsidentschaft der Stiftung Weltethos an Eberhard Stilz, damals Präsident des Staatsgerichtshofs Baden-Württemberg. Bis zuletzt blieb Hans Küng der Stiftung Weltethos als deren Ehrenpräsident verbunden und trug auf seine Weise zur Weiterentwicklung des Projektes Weltethos bei.Mit dem Projekt Weltethos schuf Hans Küng die Grundlage für ein Bewusstsein grundlegender gemeinsamer Werte in allen Teilen der Gesellschaft sowie für ein friedliches und respektvolles Miteinander über die Grenzen der Religionen, Kulturen und Nationen hinweg.
Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer würdigte den Ehrenbürger der Stadt in einem Statement. Ein Auszug:
Tübingen – er nannte es einmal die ‚kleine, aber feine Stadt‘, die ihm ‚zur Stadt der glücklichen Fügungen‘ geworden war – verliert viel, im Menschen wie im Wissenschaftler und Schriftsteller Hans Küng. Ihm, dem im schweizerischen Sursee Geborenen, wurden die Universität und die Stadt am Neckar zur zweiten Heimat. Hier fühlte er sich vielen ihrer Bewohner ganz unterschiedlichen Standes verbunden, hier schätzte er die Verbindung von Tradition und Moderne, von Kultur und Natur. 1960 wurde Hans Küng als ordentlicher Professor für Fundamentaltheologie nach Tübingen berufen. Hier sorgte er als junger, fortschrittlicher Professor für Aufsehen und wurde schließlich als Berater zum Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) berufen. Hier war er Kollege von Joseph Ratzinger, dem späteren Papst Benedikt (1966–1969). 1979 allerdings wurde ihm von der deutschen Bischofskonferenz die Lehrbefugnis entzogen. Als fakultätsunabhängiger Forscher und Lehrer wirkte er dennoch weiter: von 1980 bis zu seiner Emeritierung 1996 als Professor für ökumenische Forschung an der Universität Tübingen. Von hier aus hat er mit seinen zahlreichen – und über die Zirkel der Wissenschaft hinaus vielgelesenen – Buchveröffentlichungen als Kritiker, Mahner und Erneuerer im Dienst der Einheit und Versöhnung der Religionen immer wieder für Aufsehen gesorgt.
Wegen der Pandemie ist die Öffentlichkeit nicht zum Trauergottesdienst am 16. April 2021 zugelassen. Die Universität Tübingen richtet auf ihrer Website eine Livestream ein.