Über 42.000 Menschen aus aller Welt haben in den zurückliegenden zehn Jahren auf dem einstigen Bundeswehrareal in Meßstetten ein vorübergehendes zu Hause gefunden: Zunächst Asylsuchende in der Landeserstaufnahmestelle (LEA), später Geflüchtete im Ankunftszentrum Ukraine. Die Stadt Meßstetten hat in dieser Dekade fast viermal so vielen Menschen eine Bleibe und sicheren Hort geboten, wie sie selbst Einwohner hat. Seit einigen Wochen ist die Einrichtung geschlossen. Die Konversion schreitet voran und die neue Ära ist eingeläutet: mit der Erschließung des einstigen Bundeswehrgeländes durch den Zweckverband IIGP (Interkommunaler Industrie- und Gewerbepark) Zollernalb. Er will aus dem ehemaligen Militärgelände ein wirtschaftliches Zentrum der Zukunft machen.
Das letzte Kapitel der langen Geschichte Flüchtlingsunterkunft auf dem Geißbühl wurde am vergangenen Freitag offiziell geschlossen. Mit der Abschlussveranstaltung und kleinen Feier für das große Heer der Helfer, ob hauptamtlich oder ehrenamtlich. Das vor rund zweieinhalb Jahren eröffnete Ankunftszentrum Ukraine auf dem Gelände der ehemaligen Zollernalb-Kaserne in Meßstetten ist geschlossen und wird zurückgebaut. Im Rahmen einer Festveranstaltung mit musikalischer Umrahmung blickten Staatssekretär Siegfried Lorek MdL, Ministerium der Justiz und für Migration Baden-Württemberg, Regierungspräsident Klaus Tappeser, der Landrat des Zollernalbkreises, Günther-Martin Pauli sowie der Bürgermeister der Stadt Meßstetten, Frank Schroft, gemeinsam mit den vor Ort erschienenen Gästen auf die Anfänge und den Betrieb der Einrichtung zurück.
Die prominenten Redner lobten unisono die herausragende Hilfsbereitschaft und das außergewöhnliche Engagement der Meßstetter Bevölkerung bei der Hilfe, Betreuung, Unterstützung, Vermittlung und Integration der vielen Tausend Flüchtlinge. “Meßstetten hatte schon immer einen guten Ruf bei der Ehrenamtlichkeit“, stellte Regierungspräsident Tappeser fest und nannte beispielhaft für über 150 Helfer den Namen Harald Fritz. Er war es auch, den Bürgermeister Frank Schroft in seinem Rückblick lobend erwähnte: "Harald Fritz haben wir und vor allem die Flüchtlinge aus der Ukraine viel zu verdanken.“ Ihm sei es als ehrenamtlicher Beauftragter der Stadt gelungen, ungefähr 230 Menschen außerhalb des Ankunftszentrums eine Wohnung und teilweise Arbeit zu vermitteln. Und das auf wirklich ehrenamtlicher Basis. ”Er wollte als einziger Funktionsträger niemals auch nur einen Euro für seinen Einsatz bekommen, das ist absolut vorbildlich“, würdigte der Schultes.
Der Betrieb des Ankunftszentrums erfolgte durch das Regierungspräsidium Tübingen in enger Zusammenarbeit mit dem Zollernalbkreis, welcher das Areal der Zollernalb-Kaserne, jedoch räumlich getrennt von der Erstaufnahmeeinrichtung, für die vorläufige Unterbringung von Geflüchteten aus der Ukraine nutzte. Aufgrund dieser engen Zusammenarbeit sprach Justizministerin Marion Gentges bereits im Rahmen der Eröffnung im März 2022 von einer besonderen Einrichtung. Tappeser nahm diesen Faden auf: Das Ankunftszentrum Ukraine sei der Ausdruck dafür, was Gesellschaft und Verwaltung leisten können, wenn man zusammenstehe und Verantwortung übernehme. Insbesondere das unkomplizierte Miteinander aller Akteure habe maßgeblich dazu beigetragen, dass die Arbeit auf allen Ebenen, sei es bei der Registrierung von Geflüchteten, bei der Gesundheitsversorgung, der Verpflegung und Betreuung sowie der Gewährleistung der Sicherheit stets reibungslos funktioniert habe. In diesem Zusammenhang verwies er auch auf die herausragende Bedeutung des ehrenamtlichen Engagements: „Auch den vielen Ehrenamtlichen gebührt mein Dank. Sich für andere Menschen im Ehrenamt zu engagieren, ist der Kitt, der unsere Gesellschaft gerade in schwierigen Zeiten zusammenhält“, so Tappeser.
Meßstettens Bürgermeister Frank Schroft erinnerte in seiner Ansprache daran, dass in den zwei Jahren des Ankunftszentrums über 14.664 Menschen vorübergehende Heimat in Meßstetten gefunden haben, davon 5.942 Kinder und Jugendliche. Sie hätten in dieser Zeit Schutz und Sicherheit vor Krieg, Verwüstung, Elend, Not und Leid erhalten. "Im Kontext mit unserer engagierten, solidarischen Bereitschaft, auch in den Jahren 2014 bis 2017 der bei uns ansässigen LEA, war Meßstetten stets ein Vorbild an Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft. In diesen Jahren fanden weit über 42.000 Menschen Zuflucht bei uns. Das sind fast viermal so viele Menschen, wie die Stadt an Einwohnern hat. Darauf können wir stolz sein“, so der Schultes.
Die praktizierte Meßstetter Solidarität unterstrich nicht zuletzt der kommunale Spendentopf, der mit 157.000 Euro prall gefüllt war und mit dem besondere Anschaffungen möglich waren wie beispielsweise die Installation einer Satellitenanlage für zirka 10.000 Euro, um ukrainische Fernsehsender empfangen zu können; oder die Beschaffung von Spielsachen für rund 50.000 Euro für alle ankommenden Kinder.
Es ist laut Frank Schroft nun an der Zeit, die Zukunft tatkräftig zu entwickeln. Mit dem „Interkommunalen Industrie- und Gewerbepark Zollernalb“, entstehe ein Zentrum der Zukunft mit modernen, klimabewussten Unternehmen, die sich hier ansiedeln wollen. Dies sei ein wichtiger Beitrag für die regionale Wirtschaft mit einer weit über die Grenzen hinausreichenden Wirkung und die der Entwicklung der Stadt und der gesamten Region, betonte der Meßstettener Bürgermeister abschließend.